Leerstandsabgabe für Wohnungen

Laut Schätzungen aus dem Jahr 2015 stehen in Wien rund 30.000 Wohnungen leer, das sind rund 3% aller Wohnungen. Aktuellere Zahlen gibt es leider nicht, da Eigentümer nicht verpflichtet sind, diesen Leerstand zu melden.

Aber nicht nur in Wien ist das der Fall, auch in anderen Bundesländern und hier besonders in den Ballungszentren und Tourismusorten stehen viele Wohnimmobilien leer – ein Faktor, der unter anderem auch die Preise von Immobilien in die Höhe treibt. Prinzipiell ist eine niedrige Leerstandsquote ein Indikator für einen angespannten Wohnungsmarkt.

Wo die Nachfrage hoch ist, gibt es zumeist auch keinen hohen Leerstand. Aufgrund der sinkenden Fertigstellungen der Projektentwicklungen in den kommenden Jahren wird das Angebot fertiggestellter Wohnungen allerdings nochmal zurückgehen und die Nachfrage nach leistbarem Wohnraum durch das weitere Bevölkerungswachstums steigen.

Ursachen des Leerstandes?

Bei privaten Wohnungseigentümern ist der Leerstand von Wohnungen weder einkalkuliert noch erwünscht. Es hat jeder wirtschaftlich denkende Wohnungseigentümer Interesse, wenn diese nicht dem Eigenbedarf dienen, seine Wohnung(en) so rasch wie möglich zu vermieten, schließlich fallen monatlich laufend Betriebskosten an, beziehungsweise müssen meist auch Tilgungspläne bedient werden.

Wohnungen werden jedoch auch als Spekulationsobjekte von Unternehmen gekauft, hier war der Druck zur Vermietung aufgrund des Niedrigzinsumfeldes nicht unbedingt gegeben beziehungsweise spekulierte man hier vor allem auf die Wertsteigerung der Immobilie.

Die Gründe, die hinter den sogenannten Geisterwohnungen stecken, sind vielfältig. Teils handelt es sich um Spekulationen von Mietobjekten, es können aber auch umfangreiche Sanierungen anstehen.

Manchmal sind es aber auch persönliche Schicksale, wie beispielsweise ungeklärte Eigentumsverhältnisse oder der Wunsch, die Wohnung für Verwandte oder das Studium der Kinder freizuhalten.

Auch das bestehende Mietrecht in Österreich – mit zahlreichen Pflichten für Vermieter – ist häufig ein Grund, dass Eigentümer die Wohnungen nicht für „Dauermieter“ zur Verfügung stellen. Nicht für jeden ist es deshalb sinnvoll oder praktikabel, diesen Wohnraum dauerhaft zu vermieten.

Wie positionieren sich die politischen Parteien in Österreich?

Der neu gewählte SPÖ-Vorsitzende Andreas Babler hat es in seinem Programm, die SPÖ ist für die Einführung einer Mietpreisbremse sowie einer Leerstandsabgabe. Auch die Grünen haben hinsichtlich dieser Themen fertige Pläne in der Schublade, auch wenn sie derzeit mit der ÖVP keine bundesweite Lösung erzielen können. Bei der KPÖ wäre/ist dies sicherlich ein ideologisches Kernthema. ÖVP, FPÖ sowie Neos positionieren sich bislang dagegen und möchten einen Eingriff in den freien Markt verhindern.

Wie argumentieren nun die Befürworter einer Leerstandsabgabe, welchen Zweck soll diese erfüllen?

Große und kleinere Gemeinden würden von einer Leerstandsabgabe profitieren. Vor allem in Ballungsräumen sind die Grundstücks- und Wohnungspreise aufgrund der Verknappung aktuell auf einem Allzeithoch. Die Leerstandsabgabe sollte im Idealfall leerstehende Wohnungen wieder in den Markt zurückführen und dadurch die angespannte Lage lindern.

Die Leerstandsabgabe ist ein zusätzliches Instrument, um die Verbauung, Nutzung sowie Bepreisung von Wohnraum zu steuern. Letztendlich sind leerstehende Wohnungen und Gebäude für Gemeinden auch mit einem gewissen Erhaltungsaufwand verbunden – vor allem, wenn existierender Wohnraum ungenützt bleibt.

Wie argumentieren die Gegner einer Leerstandsabgabe?

Mit einer bundesgesetzlichen Regelung wären Tür und Tor geöffnet, durch eine empfindliche Steuerbelastung das Eigentum vieler Menschen aufs Spiel zu setzen. 50 Prozent der ÖsterreicherInnen leben im Eigentum. Es ist nicht auszuschließen, dass eine weitere Steuer jene, die ihr Eigentum über viele Jahre mühsam zusammengespart haben, zum Verkauf zwingt.

Es handelt sich um einen massiven Eingriff in privates Eigentum und die persönlichen Rechte.

Zudem ist laut Experten eine überschaubare Anzahl von Leerständen durchaus gewollt. Der Wohnungsmarkt soll schließlich nicht stagnieren, Menschen wollen und müssen umziehen können bzw. im Renovierungsfall auf eine andere Wohnung ausweichen können.

Wie wird eine Leerstandsabgabe definiert?

Eine Leerstandsabgabe ist eine Steuer für unvermietete Räumlichkeiten. Das Ziel dieser Abgabe ist, dass Wohnungseigentümer ihren Wohnraum zukünftig nicht leer stehen lassen, sondern so rasch wie möglich vermieten.

In Österreich gibt es auch keine verbindliche Definition, was exakt unter einem Leerstand zu verstehen ist. Die Regelungen, ab wann eine Leerstandsabgabe fällig wird, variieren dadurch von Bundesland zu Bundesland. 

Welche Länder/Städte haben bereits Erfahrung mit einer Leerstandsabgabe?

Frankreich führte bereits 1999 für größere Städte eine Leerstandsabgabe ein und hat diese immer wieder überarbeitet.

Katalonien und somit auch Barcelona hat diese ebenso bereits vor Jahren umgesetzt, man hat Spekulationsunternehmen sogar eine weitere Deadline gesetzt: Entweder sie vermieten in den nächsten Monaten, oder die Stadt wird die Wohnungen Zug um Zug übernehmen, sprich bis hin zur faktischen Enteignung. Die Unternehmen erhalten dann nur noch die Hälfte des Marktwertes. Diese Wohnungen vermietet dann die Stadt Barcelona an Menschen mit niedrigem Einkommen.

Auch in Kanada, siehe als Beispiel Vancouver wird eine Leerstandsabgabe bereits erhoben. In Vancouver wird eine „Empty Homes Tax“ in Höhe von 1% des Verkehrswerts auf leerstehende Wohnungen erhoben. Ausnahmen gelten u.a. für Mietzins beschränkte Wohnungen, gemeinnützige Vereine und in Bau befindliche Wohnungen.

Deutschland: Besonders strenge Gesetze zur Verwendung von Wohnräumen gelten in Regionen, wo dieser knapp ist. Aus diesem Grund haben einige Bundesländer ein „Gesetz über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum“, das sogenannte Zweckentfremdungsverbot, erlassen. Dazu zählen unter anderem Bayern, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Hamburg und Berlin.

Im Rahmen der zum 1. Mai 2014 in Kraft getretenen Verschärfung des Wohnraumschutzgesetzes wurden Vermieter und Wohnungsbaugesellschaften in vielen Bundesländern dazu verpflichtet, jede Wohnung zu melden, die länger als drei Monate leer steht. Leerstehende Wohnungen müssen im Zweifelsfall, etwa bei einer Haussanierung, auch befristet vermietet oder zwischenvermietet werden.

Verweigern Vermieter eine zumutbare Zwischenvermietung, kann die Kommune sie per Wohnnutzungsgebot dazu zwingen. Bei Verstößen sieht das Gesetz Strafen in Höhe von bis zu 100.000 Euro vor.

Einige Bundesländer gingen sogar noch einen Schritt weiter. So erlaubt das Gesetz über den Schutz und die Erhaltung von Wohnraum (Hamburgisches Wohnraumschutzgesetz) aus dem Jahr 2013 eine zeitweise Enteignung und Zwangsvermietung. In einem Präzedenzfall entzog der Bezirk Mitte einem Eigentümer vorübergehend sechs Wohnung, die mehr als fünf Jahre leer standen.

Wie sieht es nun in Österreich aus?

Mit Anfang 2023 traten in nunmehr 3 österreichischen Bundesländern, nämlich in Salzburg, der Steiermark und Tirol Landesgesetze betreffend Leerstandsabgaben für Wohnungen in Kraft.

Wie es bei individuellen föderalen Gesetzen häufig vorkommt, sehen diese unterschiedliche Tatbestände, Höhen der Abgaben sowie verschiedene zahlreiche Ausnahmen vor.

Die Landesgesetze sind auch grundlegend unterschiedlich konzeptioniert und beschlossen worden – einerseits als Ermächtigungsbestimmung, andererseits als Verpflichtung für die Gemeinden. In allen Fällen handelt es sich jeweils um Gemeindeabgaben. Der Abgabensatz wird in der Steiermark und in Tirol durch Verordnung des Gemeinderats und in Salzburg durch die Verordnung der Gemeindevertretung festgelegt.

In den übrigen sechs Bundesländern fallen die politischen Ambitionen zum Thema Leerstandsabgaben unterschiedlich aus. Eine Bundeslösung steht nach wie vor im Raum und zur Diskussion, wenngleich die derzeitige Bundesregierung hier bisher keinen Konsens findet.

Wieso hat die größte Stadt Österreichs – Wien, nicht schon längst eine Leerstandsabgabe eingeführt?

Weil nicht klar ist, ob die Stadtregierung das gesetzlich umsetzen darf. Wien hatte bereits in den 80er Jahren eine Leerstandsabgabe, die der Verfassungsgerichtshof wenig später aufgehoben hat. Diese Entscheidung wird immer wieder als Begründung dafür angeführt, warum die Stadt keine Kompetenzen in diesem Bereich hat.

Der Verfassungsgerichtshof hat die Wiener Abgabe 1985 aufgehoben, weil sie so hoch war, dass sie „den Eigentümer praktisch in den allermeisten Fällen zwingt, sich der Absicht des Gesetzgebers gemäß zu verhalten”. Und diese Absicht bestand darin, die leerstehenden Wohnung zu vermieten.

Das beanstandete Problem: Die Länder dürfen in dem Bereich selber nur eine geringe Abgabe gesetzlich vorsehen. Die Stadt habe damit nicht nur fiskalische Zwecke verfolgt, sondern auch wohnungspolitische. Und die sind Bundeskompetenz.

Gibt es Umgehungsmöglichkeiten der Leerstandsabgabe?

Aktuell kann man eine Leerstandsabgabe mit einer Kurzzeitvermietung in Tirol und der Steiermark umgehen. In der Steiermark muss die Abgabe nicht zwingend im ganzen Bundesland gelten: Jede steirische Gemeinde kann selbst entscheiden, ob sie die Abgabe erhebt oder nicht.

Fazit und Ausblick Leerstandsabgabe?

Es gibt zahlreiche Für und Wider zum Thema Leerstandsabgabe.

Zuerst müssen die Zahlen und Fakten auf den Tisch und es bedarf einer spezifischen Datenanalyse, bevor man seitens der Politik solch weitreichende Eingriffe in den Markt tätigt.

Konkret müsste man zuerst grundlegend den Leerstand zahlenmäßig eruieren und nach Kategorien einteilen. Hier ist zwischen fluktuationsbedingten, konjunkturellen, strukturellen, strategischen und investiven, insbesondere der Sonderform spekulativer Leerstand zu unterscheiden.

Erst dann kann man Rahmenbedingungen definieren und Lenkungsmaßnahmen setzen. Weiters müssen Lenkungserfolge messbar gemacht werden, die einen solchen Eingriff in den Markt rechtfertigen.

Unabhängig einer solchen Abgabe, muss es selbstverständlich immer das Ziel der Politik bleiben, leistbaren Wohnraum zu schaffen und das Grundbedürfnis Wohnen sicherzustellen.