Mietregulierungen in Österreich und aktuelle Pläne der Regierung (ÖVP, SPÖ, NEOS): Analyse der Parteiprogramme in Bezug auf die Immobilienwirtschaft und das Mietrecht

Die Mietpreisregulierung ist ein zentrales Thema der österreichischen Wohnpolitik, insbesondere angesichts der starken Mietpreissteigerungen in den letzten Jahren (2010–2025: +70,3 %, 2023–2025: +25 %).

Die aktuelle Koalitionsregierung aus ÖVP, SPÖ und NEOS, die seit März 2025 amtiert, hat im Regierungsprogramm umfassende Maßnahmen zur Mietpreisbremse und Wohnreform beschlossen, um die Wohnkostenkrise zu bekämpfen.

Österreich verfügt über ein komplexes Mietrecht, das je nach Wohnungsart (Altbau, Neubau, Genossenschaftswohnungen, Gemeindewohnungen) unterschiedliche Regelungen vorsieht.

Die wichtigsten bestehenden Regulierungen des Mietrechtes:

Mietzinsbeschränkungen:

Richtwert- und Kategoriemieten: Diese gelten für Altbauwohnungen (vor 1945 errichtet) und Wohnungen, die nach dem 1. März 1994 angemietet wurden. Die Mieten orientieren sich an gesetzlich festgelegten Richtwerten, die je nach Bundesland variieren und inflationsgebunden angepasst werden können.

Genossenschafts- und Gemeindewohnungen: Mieten in ausfinanzierten Genossenschaftswohnungen (ca. 698.000 Einheiten) und Gemeindewohnungen (z. B. 220.000 in Wien) sind reguliert und an Wertsicherungsklauseln gekoppelt, die oft den Verbraucherpreisindex (VPI) berücksichtigen.

Freier Wohnungsmarkt: frei finanzierte Neubauwohnungen, Dienstwohnungen und Einfamilienhäuser unterliegen keine direkten Mietpreisbeschränkungen

Laufzeit der Mietverträge:

Befristete Mietverträge: Bei Mietverhältnissen im Anwendungsbereich (Teil- und Vollanwendungsbereich) des MRG und im Anwendungsbereich des WGG ist nicht jede Befristung zulässig. Die Vertragsdauer muss bei Wohnungen (gilt für Hauptmiete und Untermiete) mindestens 3 Jahre betragen.

Befristete Mietverträge können auch beliebig oft erneuert oder verlängert werden. Auch bei befristeten Verlängerungen und Erneuerungen muss die Vertragsdauer mindestens drei Jahre betragen. Eine Grenze nach oben gibt es nicht, d.h. auch ein auf 10 Jahre befristeter Mietvertrag wäre möglich.

Wird ein Mietvertrag rechtlich nicht zulässig befristet, so ist dieses Mietverhältnis automatisch unbefristet!

Für Wohnungen, auf welche das MRG bzw. WGG nicht Anwendung findet (beispielsweise Wohnungen in Ein- und Zweiobjekthäusern), gibt es weder eine Unter- noch eine Obergrenze für die Befristung des Mietvertrages. Befristete Mietverträge können auf beliebige Dauer befristet abgeschlossen bzw. erneuert oder verlängert werden.

Vorherige Bundesregierung (ÖVP/GRÜNE) – Maßnahmen (2023):

Die Vorgängerregierung führte 2023 eine Mietpreisbremse ein, die Erhöhungen von Richtwert- und Kategoriemieten auf 5 % pro Jahr begrenzte. Ohne diese Maßnahme wären Mieten inflationsbedingt um bis zu 7,8 % (2023) gestiegen.

Aktuelle Mietregulierungen und Pläne der Regierung (ÖVP, SPÖ, NEOS):

Die neue Koalitionsregierung hat im März 2025 einen Mietpreisstopp beschlossen und plant weitere Reformen, die im Regierungsprogramm verankert sind. Die Maßnahmen zielen auf eine Stabilisierung der Mietpreise, eine Erweiterung des Mieterschutzes und eine Harmonisierung des Mietrechts.

Im Folgenden die wichtigsten Punkte:

Mietpreisstopp 2025 und zukünftige Begrenzungen

Mietpreisstopp 2025: Für das Jahr 2025 wurden Erhöhungen von Richtwert-, Kategoriemieten, ausfinanzierten Genossenschaftswohnungen und Gemeindewohnungen komplett eingefroren. Dies betrifft über 1,2 Millionen Wohnungen (ca. 516.000 Altbauwohnungen und 698.000 Genossenschaftswohnungen). Ohne diesen Eingriff wären die Mieten ab April 2025 um 3,16 % (Inflation 2024) gestiegen, was Mieter etwa 138 Millionen Euro erspart.

Begrenzungen 2026–2027: Für 2026 ist eine maximale Erhöhung von 1 % und für 2027 von 2 % geplant. Ab 2028 soll eine generelle Begrenzung von Mietsteigerungen auf maximal 3 % im gesamten Wohnbereich gelten.

Erweiterung auf den freien Markt: Erstmals soll die Mietpreisbremse auf den unregulierten Markt (z. B. Neubauwohnungen) ausgeweitet werden. Ab 2025 dürfen bei einer Inflation über 3 % die Mieten nur um die Hälfte der darüberliegenden Inflation erhöht werden (z. B. bei 6 % Inflation maximal 4,5 % Erhöhung). Ab 2028 soll diese Regel für alle Mieten gelten.

Verlängerung der Mindestbefristung

Die Mindestbefristung von Mietverträgen soll von drei auf fünf Jahre verlängert werden, um Mieter mehr Sicherheit zu bieten und sie vor willkürlichen Kündigungen oder Mietpreiserhöhungen bei Vertragsverlängerung zu schützen. Dies ist eine langjährige Forderung der SPÖ und im Regierungsprogramm verankert.

Zusätzlich soll die Rückforderung von überhöhten Mietzinszahlungen aufgrund rechtsunwirksamer Wertsicherungsvereinbarungen auf fünf Jahre begrenzt werden, in Reaktion auf ein Urteil des Obersten Gerichtshofs (OGH).

Harmonisierung des Mietrechts

Die Regierung arbeitet an einer Vereinheitlichung des Mietrechts, da das derzeitige System als zersplittert gilt (unterschiedliche Regelungen für Altbau, Neubau, Genossenschaftswohnungen etc.). Ziel ist es, die Komplexität zu reduzieren und Transparenz zu schaffen, z. B. durch einen neuen Mietindex, der an die Inflation gekoppelt ist, aber Mieter schützt.

Ein Mustermietvertrag soll sowohl Mieter als auch Vermieter Rechtssicherheit bieten.

Die energetische Qualität von Gebäuden soll künftig bei der Mietzinsbildung berücksichtigt werden (Bonus-Malus-System), um Sanierungen zu fördern.

Wohnbauförderung

Die Regierung plant, Wohnbauförderungsgelder (ca. 3 Milliarden Euro jährlich) zweckgebunden für den Bau neuer, leistbarer Wohnungen zu verwenden. Derzeit können Bundesländer diese Mittel auch für andere Projekte (z. B. Straßenbau) einsetzen.

Eine Wohninvestmentbank wird diskutiert, um den Erwerb von Eigenheimen zu erleichtern.

Analyse der Parteiprogramme (ÖVP, SPÖ, NEOS) in Bezug auf die Immobilienwirtschaft und das Mietrecht

Die Koalitionsparteien haben unterschiedliche ideologische Ansätze, die sich in ihrer Haltung zur Immobilienwirtschaft und zum Mietrecht widerspiegeln. Die Kompromisse im Regierungsprogramm zeigen eine Balance zwischen sozialdemokratischen Forderungen (SPÖ), marktorientierten Ansätzen (ÖVP, NEOS) und pragmatischen Lösungen.

SPÖ Position: Die SPÖ setzt auf eine starke staatliche Intervention, um die Wohnkostenkrise zu bekämpfen. Sie sieht die Immobilienwirtschaft kritisch, insbesondere aufgrund der starken Mietpreissteigerungen (70,3 % seit 2010). Der Mietpreisstopp und die Ausweitung auf den freien Markt sind zentrale Forderungen, die sie in der Koalition durchgesetzt hat.

Ziele:

Schutz von Mieter durch strenge Mietpreisregulierung und längere Vertragslaufzeiten.

Harmonisierung des Mietrechts, um Ungleichheiten zwischen reguliertem und freiem Markt zu beseitigen.

Förderung des sozialen Wohnbaus durch zweckgebundene Wohnbauförderung.

Kritik: Die SPÖ kritisiert, dass Vermieter und Immobilienkonzerne von der Inflation profitieren, während Mieter an ihre finanziellen Grenzen stoßen. Sie fordert eine „sozial gerechte Wohnpolitik“, die auch auf europäischer Ebene Vorbild sein soll.

Regierungsprogramm: Die SPÖ hat den Mietpreisstopp und die Verlängerung der Befristungen als „sozialdemokratischen Erfolg“ gefeiert. Vizekanzler Andreas Babler betont die Dringlichkeit, Mieter vor „Erpressbarkeit“ durch Vermieter zu schützen.

ÖVP Position: Die ÖVP vertritt einen marktorientierten Ansatz und steht somit der Immobilienwirtschaft näher. Sie unterstützt die Mietpreisbremse, betont jedoch die Notwendigkeit von Investitionen in den Wohnbau und die Instandhaltung bestehender Gebäude. Die Partei ist skeptisch gegenüber zu strikten Regulierungen, die Investoren abschrecken könnten.

Ziele: Rechtssicherheit für Vermieter, um Investitionen in Neubau und Sanierungen zu fördern.

Moderate Mietpreisregulierung, die die Inflation berücksichtigt, aber Vermieter nicht übermäßig belastet.

Förderung von Wohneigentum durch Maßnahmen wie die Wohninvestmentbank.

Kritik: Die ÖVP zeigt sich zurückhaltend bei der Ausweitung der Mietpreisbremse auf den freien Markt. Auf Nachfrage betonte der ÖVP-Klub, dass es hierzu „keine Einigung“ gibt, und verweist auf das Regierungsprogramm.

Regierungsprogramm: Die ÖVP hat dem Mietpreisstopp zugestimmt, besteht aber auf einem Bonus-Malus-System, das energetische Sanierungen belohnt, um die Bauwirtschaft zu unterstützen.

NEOS Position: Die NEOS verfolgen einen liberalen Ansatz und betonen die Bedeutung von Angebotserhöhung durch Wohnbau statt alleiniger Preisregulierung. Sie unterstützen die Mietpreisbremse, sind jedoch kritisch gegenüber Eingriffen, die die Immobilienwirtschaft zu stark einschränken könnten.

Ziele: Erhöhung des Wohnungsangebots durch Deregulierung und Anreize für Bauträger.

Transparente und einfache Mietpreisregelungen, wie der neue Mietindex.

Verlängerung der Befristungen, um Mieter mehr Sicherheit zu geben, ohne den Markt zu stark zu regulieren.

Kritik: NEOS-Wohnbausprecherin Sophie Wotschke betont, dass „Rechtssicherheit“ für die Bauwirtschaft essenziell ist, um Investitionen zu fördern. Sie lehnt eine zu starke Regulierung des freien Marktes ab, da dies die Wohnungsnot verschärfen könnte.

Regierungsprogramm: Die NEOS unterstützen den Kompromiss der Mietpreisbremse, bestehen aber darauf, dass langfristig das Wohnungsangebot durch mehr Bauaktivitäten gesteigert werden muss.

 

Kritik zum Regierungsprogramm und Herausforderungen

Die Pläne der Regierung stoßen auf unterschiedliche Reaktionen:

Immobilienwirtschaft: Der Österreichische Verband der Immobilienwirtschaft (ÖVI) und die Vereinigung Österreichischer Projektentwickler (VÖPE) kritisieren, dass der Mietpreisstopp Investitionen in Neubau und Sanierungen behindert. Gemeinnützige Bauträger verlieren durch den Mietpreisstopp schätzungsweise 150 Millionen Euro an Einnahmen, die für Instandhaltung und Neubau gedacht waren.

Österreichischer Haus- und Grundbesitzerbund (ÖHGB): Der ÖHGB sieht die Mietpreisbremse als „wirtschaftsfeindlichen Eingriff“ in Eigentumsrechte und warnt vor einer Verdrängung von Investoren, was die Wohnungsnot verschärfen könnte.

FPÖ: Die FPÖ fordert stattdessen eine Mietensenkung auf genossenschaftliches Niveau im ausfinanzierten Bereich und mehr Mittel für den sozialen Wohnungsbau, sieht die aktuelle Politik jedoch als unzureichend.

Mietervereinigung: Die Wiener Mietervereinigung begrüßt die Maßnahmen, kritisiert jedoch die Komplexität des Mietrechts und fordert eine stärkere Harmonisierung sowie Unterstützung für Mieter

Auswirkungen auf die Immobilienwirtschaft

Positive Effekte:

Mieterentlastung: Der Mietpreisstopp soll Mieter 2025 etwa 138 Millionen Euro, bis 2027 bis zu 500 Millionen Euro entlasten.

Soziale Stabilität: Die Verlängerung der Befristungen und der Mietpreisstopp sollen Mieter vor Verdrängung und erhöhen die Wohnsicherheit, insbesondere in Städten wie Wien (75 % Mieterhaushalte), schützen.

Negative Effekte:

Angebotsverknappung: Die Immobilienwirtschaft warnt vor einem Rückgang der Bautätigkeit (2024: -4,9 % Wohnbaugenehmigungen), da geringere Mieteinnahmen Investitionen unattraktiv machen.

Sanierungsdefizite: Weniger Mieteinnahmen könnten Sanierungen, insbesondere energetische Modernisierungen, einschränken, was den Klimazielen widerspricht.

Regionale Unterschiede: In Wien profitieren 77 % der Mieter von der Regulierung, in Vorarlberg nur 49 %, was die ungleiche Verteilung des regulierten Wohnungsmarktes zeigt.

Fazit

Die Mietregulierungen der aktuellen Regierung (ÖVP, SPÖ, NEOS) sind ein herausfordernder Schritt, um die Mietpreisspirale in Österreich zu stoppen. Der Mietpreisstopp 2025 und die geplanten Begrenzungen bis 2027 entlasten Mieter erheblich, während die Ausweitung auf den freien Markt und die Verlängerung der Befristungen die SPÖ geprägt haben.

Die ÖVP und NEOS setzen auf einen Ausgleich, der Investitionen in den Wohnbau nicht gefährdet, was jedoch Spannungen in der Koalition zeigt, da es keine klare Einigung zur Regulierung des freien Marktes gibt.

Die Immobilienwirtschaft kritisiert die Maßnahmen als investitionshemmend, während Mietervereinigungen und die SPÖ die soziale Gerechtigkeit betonen. Langfristig wird der Erfolg der Reformen davon abhängen, ob sie mit einem Ausbau des Wohnungsangebots kombiniert werden, um die Wohnungsnot zu lindern.

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